Markus Binner, Das mag ich nicht - Dat lust ik niet
Ein partizipativ-forschendes Kunstprojekt von Markus Binner

Ein Projekt mit Gerichten, die auf Ablehnung stoßen. Beiderseits der niederländisch-deutschen Grenze sammeln wir Gerichte, die wir vom anderen nicht mögen. Welche deutschen Gerichte mögen die grenznah lebenden Niederländer überhaupt nicht, was lehnen die Deutschen an der holländischen Küche ab?

Befragt werden ganz verschiedene Personen, die mit Essen, Lebensmitteln, Kochen zu tun haben: Köche, Bauern, Gemüsehändler, Gourmands, LKW-Fahrer usf. An unterschiedlichsten Orten: in Restaurants, Großküchen, Mensen, Raststätten, Ställen, Fußgängerzonen.

Benannt werden soll nicht nur die Speise. Versucht werden soll eine Beschreibung des Abgelehnten. Inwiefern mag ich es nicht? Warum, woran liegt’s? Finde ich dafür Worte? Wie kann ich nachvollziehbar machen, was ich nicht mag?

Das Ergebnis wird eine Sammlung von Gerichten sein, die zusammengefasst in der Form eines Kochbuchs erscheint, das nebst den Gerichten auch die Gespräche über sie beinhaltet. Präsentiert und verschenkt wird es an den Orten, an denen die Gespräche stattgefunden haben, eventuell auf einer kulinarisch-partizipativen Festivität. Trotz aller Neugier am Fremden, aller Fernreisen, Fernsehsendungen zum Thema „Kochen“ ändert sich an dem, was wir essen, wenig.

Trotz des Wissens über die kulturelle Bestimmtheit von Geschmack scheinen die Grenzen dessen, was wir essen mögen, erstaunlich eng gesetzt. Essen stiftet ja besonders gemeinsame Identität.

Anders als in Malerei oder Literatur, wo seit Jahrhunderten das Hässliche Thema sein kann, gibt es in der Küche kaum Beispiele von Essen, das nicht fein oder gut schmecken soll. Als Pascal Barbot 2003 in nur einem Gericht als Kontrast Bohnen verwendet, die nicht gut schmecken und dies auch nicht sollten, verließen wütende Gäste das Restaurant.

Seit Jahrzehnten gehen wir zum Italiener und Chinesen, und doch gibt es bessere italienische Restaurants in größerer Zahl erst etwa, seit die italienischen Gastarbeiter dank dem wirtschaftlichen Aufschwung Italiens wieder nach Hause zogen.
Der anzahlmäßig extreme Kontrast zwischen türkischen Spitzenrestaurants und Döner-Buden sagt eben vor allem darüber etwas aus, wie die Deutschen ihre türkischen Mitbürger wahrnehmen.
Stellen wir nicht gerade durch die Abgrenzung, die Ablehnung, Identität her? Wie sagt Stuart Hall: „Die Engländer sind nicht deshalb rassistisch, weil sie die Schwarzen hassen, sondern weil sie ohne die Schwarzen nicht wissen, wer sie sind.“

Neben der Freude darüber herauszufinden, was man nicht mag, ergeben sich bei dem Versuch, die Abneigung für andere nachvollziehbar zu machen, erkenntnisfördernde Prozesse. Worin genau besteht das Grausen vor einer ganz bestimmten Zutat? Wie würde ich den Geschmack beschreiben, der mich das Gesicht so verziehen lässt? Sind es wirklich Ammoniak- und schwefelige Verbindungen, auf die ich reagiere? Ist es die erwartbar reproduzierbare Enttäuschung, die mich opponieren lässt?